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Bremsen

Bremsflüssigkeit wechseln

Entlüftung des Systems und Wechsel der Bremsflüssigkeit

Eine der wichtigsten – wenn nicht die wichtigste – Einrichtung an der R18 ist die Bremsanlage. Ihre Wartung kann in Eigenarbeit geleistet werden.

Insbesondere, weil im Vergleich zu anderen BMW Modellen am ABS Modul selbst kein Wechsel der Flüssigkeit vorgenommen wird. Es fehlen hierzu auch die Ventile.

Wer diese Arbeit jedoch noch nie durchgeführt hat, sollte erst eine erfahrene Person hinzuziehen und zuschauen.

Erklärungen zur R 18 Bremsanlage:

Im Gegensatz zur hydraulischen Zweikreisdiagonalbremslage eines Pkw (Kreis 1 vorn links und hinten rechts // Kreis 2 vorne rechts und hinten links) mit Fußbremspedal, in Linie zweigeteiltem Hauptbremskolben (in der Regel Hauptbremszylinder und Radbremszylinder genannt)) und gemeinsamen, aber geteiltem Flüssigkeitsbehälter, besitzt die R 18 & Classic eine Teilintergralbremsanlage; die Bagger und TC eine Vollintegralbremsanlage.

In einfachen Worten erklärt bedeutet dies:

1. Das Betätigen der Vorderradbremse hat auch Auswirkungen auf die Hinterradbremse.

2. Das Betätigen der Hinterradbremse hat keinerlei Auswirkungen auf die Vorderradbremse. 

3. Für die Regulierung ist der ABS Blockmodulator im Zusammenhang mit dem Motorsteuergerät zuständig.

Innenleben: elektrische Druckverteilsensoren, Steuerventile, Informationen von den Raddrehsensoren …

4. Eine direkte Verbindung zwischen den Flüssigkeiten vorne und hinten besteht nicht.

Zur vollen Bremswirkung und für einen gleichmäßigen Verschleiß sollten stets beide Bremsen benutzt werden.

Bei der R18 gibt es keinen Hauptbremszylinder im eigentlichen Sinne. Treffende Bezeichnung wären daher Handbrems- und Fußbremszylinder (oder –kolben).

Beide Armaturen stammen von der Firma Magura (Magenwirth in Urach).

Beide Behälter stehen auch beim Bremsen nur unter atmosphärischem Druck.

Die drei Radbremszylinder von BMW, obwohl Brembo (Italien) verbaut ist, sind feststehende Einheiten, als 4 Kolben Festsattel und unbeweglich verschraubt.

Andere Ausführungen: bewegliche Schwimmsattel und Faustsattel.

Bremssättel werden auch häufig als Bremszangen bezeichnet, weil sie wie eine Zange mit den Bremsbelägen die Bremsscheiben umfassen. Nicht zu verwechseln mit dem Werkzeug Bremskolbenzange.

Die tatsächliche Arbeit leisten die jeweiligen Druckgeberkolben der Betätigung Hand/Fuß über die Hydraulikflüssigkeit und die Drucknehmerkolben in den Bremssätteln an den Rädern.

Kurzes zu Bremsflüssigkeiten: DOT = US Department of Transportation

Ähnlich wie bei Motorölen ist es gleichgültig, auf welche der diversen Marken man persönlich Wert legt. Genutzt wird Motul wie von einigen BMW Werkstätten, Ate (Alfred Tewes), einem großen deutschen Hersteller von Bremsanlagen oder Liqui Moly.

Wichtig ist die vorgeschriebene Typbezeichnung oder höherer Qualität/Anforderung.

Verwendung von nicht geeigneter Bremsflüssigkeit kann Gummiteile aufquellen lassen.

Im Hintergrund steht der Hersteller Fuchs-Petrolub-Pentosin mit Werken in Mannheim, Dormagen und Wedel (Schleswig-Holstein).

Bremsflüssigkeit ist giftig und ätzend: Gebrauchs- und Gefahrenhinweise beachten

DOT 4 (BMW empfliehlt LV – niedrige Viskosität) oder vorzugsweise DOT 5.1 in Menge von 250 ml sind genug.

Beide Sorten auf Basis von Glykolalkohol dürfen vermischt werden.

Glykolalkohol wird aus Glycerin basierend auf Erdöl oder Pflanzenöl hergestellt.

Keine alten Reste verwenden.

DOT 5.1 besitzt einen höheren Siedepunkt und eine geringere Hygroskopie bei gleichem Preis zu DOT 4.

Farben weißlich, rötlich, bernsteinig.

Nur der Vollständigkeit halber:

Unter anderem bietet

Ate mit DOT 4 Typ 200 Racing Brake Fluid traditionell blau eingefärbte Bremsflüssigkeit, mischbar mit DOT 4 / 5.1.

Mindestens 10 Händler (die nicht Hersteller sind) haben noch SL 6 DOT 4DOT 4 LV[low viscosity], DOT 4 R[racing] und DOT 4 Plus im Angebot.

Die dahinter stehenden Attribute versprechen von “für ABS besonders geeignet“, einer längeren Haltbarkeit im Blechkanister!! über größerer Dünnflüssigkeit in allen Temperaturbereichen und höherem Siedepunkt bis zur besonderen Eignung im Geländeeinsatz einiges.

Für den Einsatz im Normalbetrieb und unter Normalbedingungen ist das nicht erforderlich.

Fazit: Mit DOT 5.1 ist die Bremsanlage bestens gefüllt.

DOT 5 (auf Basis von Silikon) ist grundsätzlich nicht erlaubt, es verträgt sich nicht mit den immer im System verbleibenden Wechselresten von DOT 4/5.1.

Für die Verwendung von DOT 5 ist für das gesamte System nach kompletter Entleerung eine Spülung auf Neutralzustand fällig.

Farbe violett.

Die mit der Zeit zunehmende Wasseraufnahme von Bremsflüssigkeit wird beeinflusst vom Gebrauch des Motorrades wie häufiges Waschen, Fahrten bei Regen und der Unterbringung.

Eine feste Vorgabe zum Wechsel der Bremsflüssigkeit ist von daher nicht möglich.

Allgemeine Empfehlung; alle 2 Jahre. Empfehlung BMW: nach 10.000 km oder einem Jahr, dann alle zwei Jahre.

Durch den geringen Zeit- und Kostenaufwand bei DIY kann es auch jährlich gemacht werden.

Der Feuchtigkeitsgehalt kann mit einem Bremsflüssigkeit Testgerät (ab 4,45 €) ermittelt werden, der tatsächliche Gebrauchswert darf zweifelhaft sein, denn gemessen wird nur im Behälter, jedoch nicht in den Bremssätteln.

Benötigte Werkzeuge

Schraubendreher (Bit) TORX 25

Gabelschlüssel SW 8, Ringschlüssel SW 8 oder offener Ringschlüssel SW 8.

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Klettbinder, Verwendung am Handbremshebel, wenn eine weitere Person nicht zur Verfügung steht.

Stück Holz, Verwendung am Fußbremshebel, Rest einer Leiste 40 x 10 mm, 110 mm lang

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Auffangbehälter mit Schraubverschluss

für

Benzinschlauch, transparent, Länge ca. 1 m, Durchmesser innen 6 mm

evtl.

Entsorgungsgefäß für Abgabestelle

Bremsflüssigkeit darf nicht mit/in Altöl entsorgt werden

Putzlappen, Papiertücher

Die Hilfsmittel sind Vorschläge.

Im Handel sind diverse professionelle Vorrichtungen von 15 bis 300 € erhältlich.

Vorgehensweise

Entlüften des Systems und Wechsel der Bremsflüssigkeit sind weitgehend identische Tätigkeiten.

Schlauch an einem Ende zu einer Schleife formen, anderes Ende im Auffanggefäß befestigen.

Das Krad muss zu diesem Zeitpunkt nicht unbedingt senkrecht stehen. Füllstand im Schauglas sichten.

Nähe des Einsatzortes (Tank/Reifen/Felgen) gegen Spritzer geeignet schützen, da Bremsflüssigkeit korrosiv wirkt und den Lack aufweicht.

Bei beiden Behälterabdeckungen die Schrauben lösen und entfernen. Die Deckel sitzen oft etwas fest.

Keine scharfkantigen Werkzeuge benutzen!

Deckel mit dem Holzstiel eines Hammers von allen Seiten vorsichtig beklopfen, mit den Fingernägeln lösen und an sauberer Stelle ablegen.

Inhalte beider Behälter von je ca. 50 ml in Auffang- oder Entsorgungsgefäß leeren  – ideal per Spritze. Um Schäden durch Spritzer zu vermeinden, decken Sie die Teile um den Behälter mit Tuch ab.

Beide Behälter frisch bis zum oberen Rand des Schauglases mit Bremsflüssigkeit befüllen und Behälterabdeckungen lose aufdrücken. Beim Pumpen kann versehentlich Bremsflüssigkeit herausspritzen.

Es ist gleichgültig, ob zuerst vorne oder hinten begonnen wird.

Staubschutzkappe für Entlüftungsventil am Bremssattel entfernen.

Schlauch mit der Schleife fest darüber ziehen.

Wenn man vorne beginnt, Handbremshebel in Druckstellung bringen und gegen Fahrdrehgriff festhalten.

Wenn man hinten beginnt, Fußbremshebel in Druckstellung bringen und gegen die Zylinderrippen abstützen.

Entlüftungsschraube (Ventil) nicht komplett herausdrehen.

Nur ein wenig öffnen bis Bremsflüssigkeit austritt.

Es können auch die Bremsbeläge mit geeignetem Werkzeug nach innen geschoben werden, damit der letzte Rest von alter Bremsflüssigkeit dort auch durch die Kolben in den Kreislauf gedrückt wird.

Endet der Ausfluss von Bremsflüssigkeit, Ventil schließen.

Bremshebel lösen und Druckaufbau wiederholen.

Füllstand der Bremsflüssigkeit im Schauglas beobachten; falls notwendig nachfüllen bis zum unteren Ring des Schauglases.

Ventil erneut öffnen und wieder schließen, wenn der Ausfluß stoppt.

Gleich bei den ersten Pumpenhüben kann bräunliche bis schwärzliche Bremsflüssigkeit austreten.

Das ist betriebsbedingt normal. Die Bremskolben bewegen sich bei jedem Lösen der Bremse in den Zylinder zurück und ziehen geringe Mengen Staub ins System.

Diesen Vorgang so oft durchführen, bis frische Bremsflüssigkeit austritt.

Das ist unter Umständen nicht einfach erkennbar, wenn keine Farbunterschiede zwischen Bremsflüssigkeit verbraucht und frisch erkennbar sind.

Schleife zwei bis dreimal durch Pumpen füllen, auf Bläschenaustritt am Ventil achten und in Auffanggefäß ablaufen lassen. Damit ist der Systemzweig gut durchspült und frisch versorgt.

Hinweis: Bremssattel auf der gegenüberliegenden Seite nicht vergessen!

Den Rest in der Schleife in Auffanggefäß leeren und mit einem Putzlappen schnell den Schlauch abziehen ohne zu kleckern.

Der Innendurchmesser der Bremsleitungen liegt bei max. 3 mm.

Eine 2 m lange Leitungsführung enthält demnach max. 14 ml.

Hinweis: Fa. Lebmann bietet das BMW HP Race Bremsen-Entlüftungsventil K46 zur Bedienung durch eine Person an.

Schlauch und Auffanggefäß sind damit weiterhin nötig, die Ventile enthalten nur eine Rückflussfunktion.

https://www.leebmann24.de/satz-hp-race-bremsen-entlueftungsventil.html

Festen Verschluss der Ventile nachprüfen, Tropfen entfernen, Staubschutzkappen nicht vergessen.

Krad möglichst senkrecht stellen, Stand der Bremsflüssigkeit vorne und hinten auf die Mitte des Schauglases füllen.

Behälterabdeckungen aufsetzen, keine Dichtungsmittel, Öle oder Fette an der Deckeldichtung verwenden.

Erlaubt ist ein hauchdünner Auftrag von 

sie verträgt sich auch mit der Bremsflüssigkeit.

Die Schrauben halten nur den Deckel, mit den Fingern ansetzen und von Hand leicht festziehen.

Weder Drehmomentschlüssel noch Schraubensicherung verwenden!

Die Behälter bestehen aus weichem Zinkdruckguss.

Probefahrt mit Bremsentest und Nachschau auf Dichtheit.

Abschließend sollten die Bremsdruckgeber auf Druckfestigkeit geprüft werden.

Dazu einfach im Stand und nacheinander Hand- und Fußbremshebel kräftig betätigen und in der Position festhalten.

Dabei darf innerhalb von 10 bis 20 Sekunden kein Hebel spürbar nachgeben.

Sollte das doch der Fall sein, dann liegt ein Verdacht auf Verscheiß der Kolbendichtringe (Gummi) in der Armatur vor. Die unter Druck stehende Bremsflüssigkeit fließt langsam zwischen Kolben und Zylinder in den Behälter zurück.

Hinweis: Bei Bremssätteln befinden sich Dichtringe mit gleicher Aufgabe nicht auf den Kolben.

Sie sind in Nuten in den Zylindern eingelassen und werden trotzdem Kolbendichtring benannt. *)

Dem Leser entging sicher nicht das ungewöhnliche Entlüftungsventil am hinteren Bremsdruckgeber/ Fußbremszylinder.

Von der Verschraubung her nennt man dies Gewindenippel.

Korrekte Bezeichnung lautet Hohlschraube mit integriertem Entlüftungsventil, auch Kombibremsentlüftungsventil.

Weiteres dazu in zukünftigen Beschreibungen.

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R18 Fahrer berichten, dass die Methode des Wechseln der Bremsflüssigkeit identisch ist zur BMW R1200GS. Dazu wird dieses Video empfohlen.

Sollte jemand ein Video für die R18 haben, veröffentliche ich dieses gerne.

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